Dieser Artikel stammt aus der Volksstimme vom 14. März 2006
Die Volksstimme stellt in ihrer Serie "Bahnstrecken im Altmarkkreis" in den nächsten Wochen die Geschichte von noch existierenden und fast vergessenen Zuglinien in der Region vor. In der heutigen zweiten Folge: die Verbindung Salzwedel - Lüchow. Von Bodo Habermann und Torsten Adam |
Salzwedel. Durch den Bau der Staatsbahnstrecke Salzwedel-Uelzen, die im Jahre 1873 eröffnet wurde, gab es im benachbarten Wendland Bestrebungen, ebenfalls an das Eisenbahnnetz angeschlossen zu werden. Dannenberg wurde bereits 1874 durch den Elbbrückenbau bei Dömitz an das Schienennetz in Richtung Lüneburg und Wittenberge angeschlossen.
Nach Überwindung der Wirtschaftskrise kam es 1891 zum Bau einer Bahnstrecke von Salzwedel nach Lüchow. Von Salzwedel an gab es durch die flache Landschaft keine Schwierigkeiten bei den Bauarbeiten. Lediglich zwischen dem künftigen Haltepunkt Bürgerholz (Hoyersburg) und Lübbow musste ein Sumpfgebiet durchquert werden. Doch der Bahnbau ging sehr rasch voran. Bereits im März 1891 wurde Wustrow durch Bauzüge erreicht. Material für den Unterbau lieferten die Kiesgruben Teplingen. Schnell erfolgte die Streckenvermessung zwischen Wustrow und Lüchow. Mit der Verlegung der letzten Schwelle erreichten die Bauarbeiten am 22. April 1891 den Bahnhof Lüchow.
Ganz reibungslos verlief das Projekt aber nicht. An der Strecke Salzwedel-Lüchow stellten die Arbeiter plötzlich die Tätigkeiten ein, um mehr Geld zu fordern. Der Tagelohn von 2 Mark war ihnen nicht mehr genug, doch die Verwaltung zahlte nicht die zugesagten 2,50 Mark. Nur kurz war der Streik, die Anstifter verloren ihren Arbeitsplatz.
Schneller voran als der Bahnhofsbau ging die Gleisverlegung. Auf dem Gelände eines Herrn Rex wurde dank seiner Zustimmung die Haltestelle Bürgerholz ohne zusätzliches Ladegleis eingerichtet. In Lübbow gab es Schwierigkeiten, die Zufahrt zum Bahnhof zu bauen. Nach langen Verhandlungen und mit Unterstützung des Kreistages konnte diese Hürde genommen werden. In einer Bekanntmachung in der Zeitung des Wendlandes wurde die baupolizeiliche Streckenabnahme für den 28. September 1891 angekündigt. Die Landräte aus Lüchow und Salzwedel hatten sich auf dem Bahnhof Salzwedel eingefunden, um mit einem Sonderzug, bestehend aus einer Lok und zwei Reisezugwagen, die neue Strecke zu bereisen. Am 1. Oktober 1891 erfolgte schließlich die feierliche Einweihung. Die Lücke zwischen Lüchow und Dannenberg wurde erst 1911 geschlossen.
Besonders für Ausflügler war in den Sommermonaten der Haltepunkt Bürgerholz beliebt. Nach einem kurzen Fußweg war das Ausflugslokal gleichen Namens erreicht. Zum Dionysiusmarkt in Salzwedel fuhren die Züge mit zusätzlichen Personenwagen. Damals wie heute ist Salzwedel für das Wendland die Einkaufsstadt.
Im Winter 1938/39 verkehrten Züge jeweils viermal täglich in beide Richtungen zwischen Salzwedel und Dannenberg.
Es gab auch Anschlussbahnen zwischen Salzwedel und Lüchow. In Wustrow wurde 1908 ein etwa fünf Kilometer langer Gleisanschluss westlich in Richtung Schreyahn zu den dort im Bau befindlichen Kalischächten gebaut. Die Ausbeute war jedoch gering. Zwischen 1922 und 1926 wurden die Bergwerksanlagen stillgelegt. Von der Streckenführung ist heute nichts mehr zu erkennen.
Nach der Grenzziehung 1945 begann der Rückbau der Gleisanlagen zwischen der Sektorengrenze und Salzwedel. Am 22. Mai 1955 folgte auch die Einstellung des Reisezugverkehrs zwischen Lübbow und Lüchow aus Rentabilitätsgründen: Teilweise benutzte am Tag nur ein Fahrgast das Angebot.
Am 4. Februar 1960 wurde auch von Lüchow nach Dannenberg der Personenverkehr eingestellt. Eine Wiederaufnahme gab es am 21. August 1965. Doch aufgrund ständig sinkender Fahrgastzahlen war am 31. Mai 1975 endgültig Schluss. Die Gleisanlagen von der Landesgrenze bis Wustrow wurden nach Einstellung des Güterverkehrs am 23. Mai 1971 zurückgebaut, denn in Lübbow endete bereits 1968 die Kiesbeförderung per Bahn.
Die einstige Bahntrasse Wustrow - Lübbow ist heute nicht mehr erkennbar. Vom damaligen Bahnverkehr war bis vor einigen Jahren noch die Brücke über den Grenzgraben bei Hoyersburg zu sehen. Sie fiel vermutlich Schrottjägern zum Opfer.
Bis vor wenigen Jahren zeugte die Brücke über den Grenzgraben bei Hoyersburg noch von der ehemaligen Bahnverbindung zwischen Salzwedel und Lüchow.
Das ehemalige Bahnhofsgebäude im wendländischen Lübbow ist inzwischen zu einem Wohnhaus umgestaltet worden. Fotos: Bodo Habermann